Motubo Choki (jap. 本部 朝基; 1870-1944) wurde in Akahira geboren, nahe der Region Shuri auf Okinawa. Er ist Spross einer adligen Familie, kam dennoch nicht in die Gunst des Unterrichts des Familienstils (Udundi – Palasthand), da dieses Recht üblicherweise nur dem zuerstgeborenen Jungen zuteil kam. Somit wurde sein ältester Bruder (Motobu Choyu) eingeweiht. Sein Vater war Nachkomme eines okinawanischen Prinzen, Sohn des Königs Sho Shitsu (1629–1668). Chokis Wille war groß, dennoch in die Kampfkunst einzutauchen. Wenn es um die Verbreitung des Karate in Japan geht, nimmt Funakoshi Gichin den größten Raum ein, was Motobus Anstrengungen in den Hintergrund drängt. Dennoch ist dieser Meister eine Analyse wert, lehnte er doch die Katabetonte und pazifizierte Art des Funakoshi ab und studierte den Verbund aus Kata und praxiswirksamen Kumite. Bücher und Bilder, welche Motobus Ansatz zeigen sind heute noch erhalten und lassen somit Rückschlüsse auf seine Technik zu. Dabei sollten Einsatz und Ansatz von Arm- und Beintechniken besonders beachtet werden. Diese umfassen die Manipulation der gegnerischen Stellung während gleichzeitig Armtechniken ausgeführt werden. Grundsätze, die in der Moderne vergessen wurden, jedoch in den Stellungen des alten Karate stecken.

Da die bedeutenden Meister seiner Zeit ihm die Gunst des Unterrichts verweigerten, beobachtete er ihr Training heimlich und stellte sein eigenes Trainingsprogramm auf. Dazu zählte auch Kraft- und Makiwaratraining. An der praxistauglichen Anwendung seiner Technik orientiert, hielt er sich oft im Rotlichtviertel auf. Dort wich er krinem Ärger aus und testete seine Fähigkeiten in tatsächlichen Schlägereien. Seinem Ruf war diese Art von Praxis natürlich alles andere als zuträglich. Er beschreibt seinen Intellekt offen als „mager“ und entsprach natürlich ganz und gar nicht dem, was sich Funakoshi Gichin als Idealbild eines Repräsentanten des Karate vorstellte.

Motobu hielt die Augen offen, auf der Suche nach einem geeigneten Lehrer. Ein ums andere Mal blockierte ihm sein zweifelhafter Ruf den Zugang. Er gelangte schließlich an Unterricht durch Itosu Anko, jedoch zerbrach das Verhältnis der beiden aus nicht sicher nachvollziehbarer Ursache. Berichte gehen auf Motobus fortgeführte Praxistests im Milieu oder Itosus praxisfernen Unterricht aus.  Motobu gelang es daraufhin, ein Lehrer-Schüler Verhältnis zu Matsumora Kosaku aus Tomari (Okinawa) aufzubauen. Dieses Verhältnis brachte ihm Kata der Naifanchi (modern „Tekki“) und eine Form der Passai, jedoch wieder kein Kumitetraining. Auch Matsumora war offenbar vorsichtig mit dem, was er Motobu lehrte. Wieder war Motobu auf heimliches Beobachten angewiesen. Anderen Schülern lehrte Matsumora die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Techniken. Die größte Verbundenheit empfand er mit Matsumora Kosaku und dem aus einer noblen Samuraifamilie stammenden Sakuma Pechin. Das Karate dieser beiden Meister empfand er als wahrhaft kraftvoll. Sakuma zeichnete sich als Lehrer Motobus durch äusserste Strenge aber auch Anerkennung bezüglich dessen Fortschritte aus. Besonders erwähnt Motobu in einem Interview den Nutzen seiner bei eben diesem Meister gewonnenen Fähigkeiten im Kumite.

Matsumoras Karate bezeichnet er als völlig anders, als das von Itosu. Über Matsumora erzählt er, dieser hätte gern intensivst mit anderen Meistern in der Dunkelheit trainiert. Auch Motobu und ein paar weitere Schüler Matsumoras wurden vor Sonnenaufgang trainiert. Weder beim Training mit dem Bo, noch am Makiwara sollten sie unnötige Geräusche verursachen.

Noch bevor Funakoshi 1922 auf der Hauptinsel Japans ansässig wurde, gelangte Motobu 1921 an diesen Ort. Er eröffnete allerdings erst einige Jahre nach Funakoshis Ankunft in Tokio ein eigenes Dojo (Daidokan – Schule des großen Weges). Zunächst in Osaka nieder gelassen, lernte er 1923 den Judomeister Doi kennen, welcher den Wert des Karate für die japanische Gemeinschaft erkannte und Motobu unterstützte. Doi lehrte Judo in Osaka an japanischen Schulen, bei der Polizei und sogar in Fabriken. Motobu ehrt Doi für dessen Unterstützung in seinen Büchern.

Auf der Hauptinsel forderte Motobu gern andere Meister oder Kämpfer heraus und unterlag nur selten. In die Zeitung gelangte er durch einen Kampf um 1924. Er bezwang einen Profiboxer, der auf einem Jahrmarkt gegen Freiwillige kämpfte und zuvor alle Kämpfe gewonnen hatte. Motobu war zu der Zeit bereits Mitte 50, der Boxer dagegen deutlich jünger. Dieser Sieg brachte ihm Bekanntheit und viele Schüler ein. Beeindruckt und geehrt von dieser Fügung spürt er, es gibt kein Zurück und beginnt Bücher zu schreiben.
Die über den Kampf berichtende Zeitung »Kingu« bildete irrtümlich Gichin Funakoshi im Ring stehend ab. Der Autor des Berichts war vermutlich nicht einmal beim Kampf anwesend. Bericht und Bild wurden offenbar nachträglich, anhand anderer Quellen ausgewählt. Die abgebildetete Haltung “Funakoshis” entspricht dem Beginn der Kata Pinan Yondan.

Natürlich lernte er auch Funakoshi Gichin kennen, der ja 1922 nach Tokio übersiedelte. Das Verhältnis beider zueinander war offenbar so schlecht, wie die Persönlichkeiten und der Bildungshintergrund beider unterschiedlich waren. Angeblich hielt Motobu Funakoshis Karate für schwach, nicht praxistauglich und als entfernt von den Wurzeln der Kunst – ohne Wert. Mir ist kein schriftliches Zeugnis Motobus bekannt, welches diese Aussagen bestätigt. In seinem Buch „Karate Jutsu – Kumite“ findet sich ein Bild Funakoshis und ein paar neutrale Worte seitens des Autors Motobu.

Nicht wenige Meister dieser Zeit hielten Motobu für einen der besten Kämpfer. Er nahm wenige Kata (Naifanchi, Passai, Niseishi) als Basis für die Strukturierung seines Kumite auf. Sein Können brachte ihm sogar den Beinamen „Saru“ ein. Die Bezeichnung „Affe“ gründet sich auf seine Leichtfüßigkeit und seine flinken Techniken.

Choki Motobu und die Naifanchi. Die Naifanchi Kata Serie ist nicht zuletzt dadurch bekannt,

Links: Motobu Choki

weil Choki Motobu diese Kataserie favorisiert hat und sagte: “Es langt, die Prinzipien der Naifanchi Kata zu beherrschen, dann beherrscht man auch das Karate und kann kämpfen.”
Zusammen mit Gichin Funakoshi und Kenwa Mabuni gehörte Motobu zu den ersten öffentlich in Japan lehrenden okinawanischen Meistern. Die Stellung von Beinen und Hüfte in der Naifanchi sah er als die Grundlage für das Karate an.

Offenbar betrachtete Motobu andere Kata als eigenständige Kampfstile, wobei ihm die „Naifanchi“ Kata als durchaus geeignet erschien, um aus ihrer Motorik ein eigenes Selbstverteidigungssystem aufzubauen.  Motubo trainierte und lehrte umfangreiches,  abgesprochenes Kumite, welches er aus seinen favorisierten Kata wie der Naifanchi und nur wenigen anderen ableitete.