空手. Karate wird heute von vielen als vom Kobudo unabhängig betrachtet. Zu diesem Missverständnis trug um 1935 eine Änderung des ersten Kanji für Kara Te bei. Hauptsächlich benutzte man vor der Änderung das Kanji für Chinas T’ang Dynastie (617-907), welches neben „To“ auch „Kara“ gesprochen werden kann (唐手). Diese Bezeichnung berücksichtigt den Bezug der okinawanischen Kampfkunst zu China. Okinawa betrieb intensivste Handelsbeziehungen und kulturellen Austausch mit China (Geschichte). Von den beiden Karaterichtungen Shorei- und Shorin-Ryu hat die erstere größeren Bezug zu China, während das Shorin-Ryu mit den Prinzipien der Kobudowaffen und dem japanischen Schwert verbunden wurde. Kennzeichnend dafür sind dessen schmale Stände, das Abdrehen und vor direktem Zugriff Verbergen (Hanmi) der immer wirksamen Schwachpunktlinie (Seichusen – Herz, Solar Plexus, Genitalien).
Das neue „Kara“ Te bedeutet oberflächlich übersetzt „leere“ Hand. Jedoch bezieht sich das Kanji für „Leer“ wie z.B. Funakoshi Gichin selbst schreibt, auf einen tieferen Aspekt der Kunst. Es meint einen anzustrebenden Geisteszustand. Es wurde damals gegen den Widerstand vieler okinawanischer Meister in den offiziellen Gebrauch eingeführt. Hinter dieser Entscheidung stand nicht Funakoshi alleine, sondern ein Gremium mehrerer okinawanischer Meister. Einige dieser Meister weilten bereits auf der Hauptinsel Japans mit der Aufgabe das okinawanische Karate publik zu machen und zu verbreiten.
Dieses Gremium kam 1936 zusammen. Es bestand beim ersten Treffen aus Meistern wie Chomo Hanashiro, Kyan Chotoku, Choki Motuobu, Chojun Miyagi und weiteren. Funakoshi war beim ersten Treffen nicht anwesend, jedoch schon über ein Jahrzehnt in Tokyo aktiv. Eine Mitschrift der Diskussion rund um Vor- und Nachteile einer Änderung des Kanji ist bis heute überliefert. Es gab für und wider, eine Entscheidung wollte man noch nicht treffen.

Diese Entscheidung kam kurze Zeit später und wurde in Anwesenheit Funakoshis getroffen. Das „neue“ Kanji schreibt sich seitdem offiziell 空手. Da Japan zu dieser Zeit allem Chinesischen ablehnend gegenüber eingestellt war, konnte man auf der Hauptinsel Japans unmöglich das alte Zeichen weiter benutzen. Zuvor wurde das moderne Zeichen auf Okinawa zwar auch schon, jedoch nur sehr selten gebraucht. Lediglich von Chomo Hanashiro (Bild, vordere Reihe, 2. von rechts) ist bekannt, dass er das moderne Kanji bereits um 1905 gebrauchte.
Funakoshi hat sich intensiv mit den Zusammenhängen von Kampfkunst und buddhistischer Philosophie auseinander gesetzt. Wie Funakoshi schreibt, meint das modernere Kanji den anzustrebenden, geistigen Zustand – nämlich den Kopf frei zu machen von störenden Gedanken. Die eigentliche Bedeutung des gewählten Zeichens für „leer“ ist also philosophisch geprägt. Funakoshi schreibt in seinem Meistertext: „Form ist Leere, Leere ist die Form selbst. Das Kara des Kara Te Do hat eben diese Bedeutung“. Sich von störenden Gedanken bei Bedarf frei oder „leer“ machen zu können, ist eine wichtige Eigenschaft im Leben sowie im Kampf. Es beschreibt einen z.B. in Gefahrensituationen anzustrebenden geistigen Zustand. Der eigene Geist soll frei (leer) sein von ablenkenden Gedanken oder Gefühlen, um im Moment der Gefahr frei und unverzüglich agieren zu können. Hieraus leiten sich auch Verbindungen der Kampfkunst zum Zen-Buddhismus und ihren Wurzeln im chinesischen Kung Fu her. Neben vielen anderen Möglichkeiten, die das Katatraining bietet, kann die Kata vielfach wiederholt ausgeführt, als ein Mittel für eine „bewegte“ Meditation zur Übung dieses Zustandes dienen. So lernt man, auch in der Bewegung Ruhe (vor den eigenen Gedanken) zu finden und nicht an dem, was kommt oder dem was war, haften zu bleiben.