Das Karate, welches die Schüler heutzutage praktizieren, ist nicht mehr das Karate, welches noch vor 10 Jahren geübt wurde. Es ist ein großer Unterschied zu dem Karate, das ich in jungen Tagen auf Okinawa lernte. (Funakoshi Gichin 1886-1957)

 

 

Viele Karateka sind sich nicht bewusst, dass sie ein auf den sportlichen Wettkampf getrimmtes Karate betreiben. Dies, obwohl die Mehrheit der Karateka nicht am Wettkampfgeschehen teilnimmt. Will Karate sein Leben lang und vor dem Hintergrund einer Hilfe in Notsituationen betreiben, dann sollte das Training entsprechend ausgerichtet sein. Dies bedeutet nicht, dass man wild aufeinander einprügeln muss. Vielmehr ist von Bedeutung, dass Technik, Kata-, Schlagpolster- und Partnertraining stets mit der Idee der realen Bedrohung und des Selbstschutzes gekoppelt sind.

Während es im Wettkampf oftmals um einen Schnelligkeitsvergleich oder ein Kräftemessen geht, liegt der Schwerpunkt beim Selbstschutz darin, das Richtige zur rechten Zeit zu tun und Nachteiliges zu unterlassen. Dies umfasst viel mehr Aspekte, als nur die einzelnen Techniken oder deren mögliche Anwendungen. Es geht auch um unsere Ausstrahlung und Haltung. Technisch betrachtet ist die antrainierte, innere Motorik wesentlich, welche dann in den äußeren Bewegungen sichtbar wird. Die innere Motorik ist es, welche die Techniken zu effektiven Anwendungen werden lässt. Äusserliches Nachahmen von Haltungen ist da nicht der richtige Weg.

Die Vorstellung des stets präsenten Gegners während der Ausführung einer Kata ist von großer Bedeutung. Ist die Bedrohung im Geiste präsent, dann möchte man z.B. nicht breitbeinig (vor dem Aggressor) stehen, denn der Tritt zwischen die Beine geschieht so schnell. Eine frontale Körperfront und damit große Angriffsfläche und leichten Zugang zu den Haput-Vitalpunkten möchte man dann ebenfalls vermeiden. Einen Angriff möchte man nicht einfach nur blocken und hoffen, dass der Block den Angreifer genügend schmerzt und zum Abbruch seines Angriffs bewegt. Erst nach einem Block zum eigentlichen Angriff anzusetzen ist eine gefährliche Strategie, denn in diesem Moment würde auch der Angreifer seinen Angriff fortsetzen. Ein Schlagabtausch, wie im Wettkampf, ist jedoch unbedingt zu vermeiden. Mit der ersten eigenen Aktion muss dem Angreifer die Initiative abgenommen, er quasi durchkreuzt werden. Dies bedeutet, man gerät während des eigenen Angriffs sehr nahe an oder in den Gegner hinein und Techniken der Nahdistanz müssen nahtlos aufeinander folgen können. Dies mündet dann u.a. in Würfe, welche die Kata in ihren Wendungen enthalten. Alternativ können es oft auch Knie- oder Ellbogentechniken sein. Der Fauststoß selbst, sollte auch aus kürzester Entfernung zum Ziel Trefferwirkung erzielen. Kata sind gefüllt mit eben solchen Aktionen, man muss sie nur erkennen und in der Anwendung entsprechend ausführen lernen.

Das wettkampforientierte Karate ist eine aus dem alten Karate entstandene, ebenfalls beeindruckende eigenständige Sportart. Sie dient jedoch eher den Bedürfnissen und Fähigkeiten jüngerer Menschen. Oftmals sehe ich Menschen, die aufgrund ihres Alters mit dem Karate aufhören, da sie den athletischen Anforderungen des Wettkampfes nicht mehr gerecht werden können. Häufig ruinierte der Versuch des gerecht Bleibens die Gelenke oder überreizte die Muskulatur dauerhaft. und sie mussten deshalb mit dem Karate aufhören.
Uns interessieren die Konzepte von Technik und Anwendung des Kata- und Kumitetrainings abseits der Erfordernisse des Wettkampfes. Der Wettkampf führte den Grundsatz ein, dass die eingesetzten Techniken bewertbar, fair und möglichst verletzungsfrei sein müssen. Für den Wettkampf taugliche Konzepte müssen für die Anwendung in einer Notsituation über den Haufen geworfen werden, da sie sich hier nachteilig auswirken. Ein Beispiel ist das Zeigen von Kampfbereitschaft durch das Einnehmen einer wettkampfartigen Haltung. Man würde jeglichen Überraschungsmoment verlieren.

Natürlich sollte die in Kihon und Kata antrainierte Technik und Motorik nicht für den Einsatz in einer Notsituation verändert werden müssen. Ich habe schon Aussagen mit folgenden Wortlaut gehört: „In einer Notsituation würden wir es dann anders machen, als im Training“. Das wäre spontan kaum möglich. Man agiert unter Stress im besten Fall so, wie man zuvor trainierte. Trainiert man sich unter Beibehaltung der (Wettkampf-)Distanz Block-Konter Techniken an, die sich größtenteils auf den Oberkörper beschränken, dann könnte man nicht plötzlich alles in einer Technik verbinden und gleichzeitig die Stellung des anderen angreifen. Man würde mit dem antrainierten Block-Konter Rhythmus antworten, vielleicht sogar dabei in den Rückwärtsgang schalten. Die Nachteile des 1-2 oder Block-Konter Konzeptes und des Rückwärtsgangs, werden weiter unten erläutert. Im Wettkampf greift man idR. eine Körperpartie zur Zeit an und trainiert, diese Zeiten möglichst kurz zu bekommen. In der realen Situation, müsste man mehrere Körperpartien gleichzeitig angreifen und kontrollieren. Die Strategie mehrerer Ansätze zur selben Zeit steckt in den alten Kata. Modernere Ausführungsarten von Kata verleiten eher zum „eine Technik pro Zeit“ Gedanken.

Die Kata kennen das Block-Konter Konzept gar nicht. Daher gibt es in den Kata kaum solche Fauststöße, welche in Form eines Gyaku Zuki auf eine „Blocktechnik“ folgen. Viele Bewegungen wurden im modernen Karate zu reinen Blocktechniken degradiert, was entsprechende Anpassungen der Ausführung zur Folge hatte. So bestehen moderne Kata fast nur noch aus Blocks und es scheint, die Kontertechniken wären einfach weg gelassen worden. Möglicherweise ist dies tatsächlich bewusst geschehen, um dem Karate sein ursprünglich aggressives Potential zu nehmen. Schließlich wurde es Anfang des 20. Jhdts in den Schul- und Universitätsunterricht eingeführt. Aggressive Handlungen durch Großgruppenunterricht zu fördern, wäre absolut nicht im Sinn der alten Meister gewesen. Eine weitere Notwendigkeit der Entschärfung ergab sich, nachdem Japan den Krieg verloren hatte und die USA aggressive Sportarten verboten. Jedoch ist diese Änderung überhaupt nicht im Sinne des Einsatzes als schützende Kampfkunst.

Oshiro Toshihiros Karatelinie steht für eine Rückbesinnung des Karate und Kobudo, unbeeinflusst von den – im Sinne der Kampfkunst – unglücklichen Veränderungen, welche im 20. Jh. erfolgten. Die Kata erhalten so einen sehr lebendigen und fluiden Charakter. Manche sagen, das alte Karate Okinawas (RyuKyus) wäre ein noch nicht ausgereifter Vorläufer des modernen Karate gewesen. Dies ist ein Irrtum. Die alten Richtungen des Shorin und Shorei Ryu Karate sind bis ins kleinste Detail ausgefeilt. Sie sind nicht durch die moderneren Stile abgelöst oder weiter entwickelt worden. Die modernen Stile des Karate sind Abwandlungen oder individuelle Neuschöpfungen, welche jeweils auf Teilen der alten Kunst beruhen.

Letztlich verdanken wir mit den Schöpfungen der moderneren Stile aber mehr oder weniger vereinfachte und systematisierte Versionen des Karate, welche sich weltweit und in großen Gruppen verbreiten konnten. So kann heute jeder zu einer Karateausrichtung gelangen, die ihm liegt und deren notwendiges zeitliches Pensum auch zur Verfügung steht. Viele sind damit zufrieden, sich einmal die Woche ausgiebig auszutoben und zu schwitzen. Der Wettkampfgedanke traf damals die westliche Idee des sportlichen und reglementierten Kräftemessens und viele Menschen haben Freude daran. Wichtig bleibt, dass man sich bewusst entscheidet, welchen Weg man einschlägt.

 

Eine Wissenschaft für Geist und Körper. Die Antwort findet sich dennoch nur auf dem Dojoboden.

Karate Kaikan, Okinawa

Mittlerweile gibt es viele Menschen außerhalb Japans, die der japanischen Sprache mächtig sind und schriftliches Material übersetzen und mehr oder weniger korrekt deuten. Vieles wurde bereits mehrfach revidiert, da es nicht so einfach ist, die Japanische Schrift korrekt zu deuten. Obwohl Theorie und Erforschung des heute noch erhaltenen schriftlichen Materials wichtig sind, liegt unser Schwerpunkt auf der praktischen Erforschung, Erklärung und Weitergabe. Oshiro Toshihiro hat selbst Jahrzehnte geforscht und gibt eine Richtung des Karate und Kobudo weiter, welche das enthält, worüber manche nur schreiben oder Mutmaßungen anstellen. Unklarheiten sind vorprogrammiert, wenn man das Alte erforscht, jedoch weiterhin moderne Interpretationen des Karate trainiert. Diese sind nämlich oftmals so stark modifiziert, dass sich die alten Ideen kaum sinnvoll integrieren lassen. So hat die Forschung kein sichtbares Ergebnis zur Folge. Den theoretischen Erklärungen steht dann kein equivalenter Übergang in die innere Mototik und in die körperlichen Fähigkeiten gegenüber.

Menschen neigen dazu, alles in Worte und Definitionen fassen und durch sie vermitteln zu wollen. In unserer Gesellschaft sind wir es gewohnt, theoretisches Wissen anzuhäufen, auszutauschen und so Zusammenhänge und Funktionsweisen zu verstehen. Dies funktioniert auf vielen Gebieten, jedoch verfolgt die Kampfkunst aus gutem Grund eine andere Philosophie. Hier geht es um das Verstehen durch die körperliche Umsetzung der Theorie. Niedergeschrieben oder während des Trainings erklärt, wurde zu alten Zeiten nur sehr wenig. Anstatt dem Geist theoretisches Futter zu geben, bekommen Geist und Körper es gleichzeitig. Dies geschieht über das Vermitteln von Gefühlen für Haltung und Ausrichtung, Schwerpunkt und Bewegung. Einerseits in der Kata, andererseits am Trainingspartner oder Schlagpolster. Lernt man erstmal, sich zu entspannen und Bewegung und Technik zu fühlen, dann können Veränderungen stattfinden. Man hört auf nachzuahmen. Das äußere Bild der Bewegungen wird nach und nach ganzheitlich aus dem Inneren erzeugt. Dies ist ein Übergang von einer Kopie zu einem Original. Inwiefern dieser Prozess bereits begonnen hat, sieht man bereits, wenn man die Vorführung einer Kata bzw. allgemein die Bewegungen einer Person betrachtet.

Die Lehrgrundlage der Kampfkunst basiert also stets auf praktischer Weitergabe und viel Übung, dem Lernen durch sehen-erkennen-tun“. Daher stammt auch der Satz „Was auch immer deine Frage sein möge, die Antwort findest du auf dem Dojo-Boden“. 

 

 

Kata – das praktische Konzept der Weitergabe führte zum universellen Medium der Kata als Basis für Gymnastik, Grundschule, Partnerübungen und Kampfübungen. Die Bezeichnung „Bücher der Gesten“ von Roland Habersetzer halte ich für sehr passend. Es gibt zwei japanische Kanji für das Wort Kata. Die verbreitete Variante setzt sich aus den Worten „Wasser“ und „Gestalt“ zusammen, während die ältere Variante aus den Zeichen für „Schmerz, Qual, Bestrafung “ und „Boden“ zusammen gesetzt ist. Karate ist eine Methode, an der Körper und Geist wachsen können, sofern man gewillt ist, Schweiß, Anstrengungen und Schmerzen auf sich zu nehmen. Diese Webseite viel Futter für den Geist und auch unser Training setzt sich natürlich aus Erklärung und Bewegung zusammen. Am Ende ist jedoch das Tun wesentlich. Nur die ausgeübte Bewegung bringt uns voran und dabei ist nicht die Bewegung des Mundes gemeint.

 

Der Wettkampfeinfluss brachte das Karate nicht nur um 95% seiner anwendbaren Technikvielfalt, sondern auch um dessen Gundkonzept.

Auf Okinawa (RyuKyu) wurden sowohl unbewaffet ausgeführte Techniken, als auch der kämpferische Gebrauch einfach anmutender Waffen wie dem Langstock (Bo), den Eisengabeln (Sai), den hölzernen Tunfa (jap. Tonfa) und weiteren Gegenständen entwickelt. Die Hauptwaffe des einfach bewaffneten Trainings war der Bo, an dessen Ende auch eine Klinge oder Eisenspitze befestigt werden kann (Naginata oder Speer). Optimiert und ausgefeilt waren die Prinzipien dieser Kampfkunst bereits lange bevor sie um 1900 öffentlich zugänglich gemacht wurden, auf die Hauptinsel Japans (zunächst um 1920 Tokio) kamen oder gar nach Amerika oder Europa (ab ca 1960) gelangten. Bereits die Hauptinsel Japan lernte ein verändertes, dem frei zugänglichen Gruppenunterricht angepasstes Karate kennen. Dieses wurde durch immer mehr Instruktoren an immer größer werdende Gruppen weiter gegeben. Noch bevor das Karate nach Europa gelangte, bewirkte der in Japan voran getriebene Wettkampfeinfluss eine weitere Verschiebung der Kampfkunst in Richtung Sport. Eine Veränderung der Grundlagen fand statt. Das Kobudotraining wurde nicht wettkampfrelevant und begann ein Schattendasein zu fristen. Vielen Europäern war nicht bewusst, dass ein signifikant verändertes Karate zu ihnen kam. Vielmehr gingen die meisten davon aus, dass die Kampfkunst in Japan verbessert, ja gar auf die höchste Ebene gebracht worden war. Die Kampfkunst, der einst unfaire Ausgangssituationen zugrunde lagen, war jedoch zum wettkampftauglichen und athletischen Kampfsport modifiziert worden. In Hinblick auf die Sicherheit im Alltag notwendige Techniken und Prinzipien der alten Kunst verschwanden. Wettkampftechniken mussten fair, sichtbar und durch Kampfrichter bewertbar sein. Kata und Kumite wurden zu verschiedenen Wettkampfdisziplinen, denn 95% der Katatechniken sind nicht wettkampftauglich und mussten folglich ausgeklammert werden. Diese Entwicklung machte nicht nur das Karate durch, andere bereits auf der Hauptinsel Japan bestehende Kampfarten wie das Judo, gingen in dieser Richtung voran.

 

Die Waffen waren ursprünglich gleichzeitig Mittel des Kampfes und perfektes Gewichtstraining für das Karate der Shorin Linie

Eine Trennung von Karate- und Botraining war ursprünglich undenkbar. Denn beides geht Hand in Hand miteinander und baut aufeinander auf. Die Waffen des Kobudo sind neben der Kampftechnik das perfekt abgestimmte Gerätetraining für die Anforderungen des Karate an den Körper. Auch der oftmals als „Vater des modernen Karate“ (eigentlich war es Itosu Anko) bezeichnete, Funakoshi Gichin, trainierte Bo und Sai. Er brachte das Karate von Okinawa nach Tokyo. Sein Sohn Yoshitaka Funakoshi erkannte ebenfalls die Zusammenhänge, dennoch blieb der Umgang mit den Waffen bei ihm offenbar im Hintergrund. Durch die enge Verflechtung des Karate mit dem Kobudo, beinhalten auch die modernen Kata des Karate immer noch Techniken aus dem Bereich des Bo. Mehr zu den symbiotischen Effekten des Kobudo/ Kobujutsu  und dem Karate gibt es hier.

 

Techniken müssen immer kleiner und unsichtbarer werden, bei gleicher oder mehr Effektivität

Sicheres Bewegen und ein bestimmtes Paraderepertoire, einfache Befreiungstechniken sowie direkte Schlag-, Stoss- und Tritttechniken zur schnellen Beendigung eines Kampfes, stehen zunächst im Vordergrund des Trainings. Geht es um die Anwendungsmöglichkeiten der Katatechniken, verbirgt sich dahinter jedoch eine unglaubliche Varietät. Anfangs führt man die Ausholbewegungen und die Wendungen noch raumeinnehmend und rotierend aus. Der Körper lernt zunächst dass Öffnen und Schließen über kreisförmige Bewegungen. Er erzeugt die Angriffsenergie über recht große Wege der Extremitäten und Ausholbewegungen. Später sollen weite Bewegungen und Rotationen völlig wegfallen. Rotationen zerstreuen die Kraftlinien nicht nur in gewünschte, sondern auch immer in ungewünschte Richtungen. Der Kraftaufbau und das Bewegen des Körpers finden mit fortschreitendem Training mehr und mehr im Inneren statt und können von aussen nicht mehr leicht wahr genommen werden. Diesen durchaus schwierigen Schritt versäumen viele Karateka, jedoch beginnt die zunächst sportliche Bewegung hier zur effektiven Kampfkunst zu werden. Trotz kürzer werdender Wege, können Techniken bei guter Integration der Muskeln und Gelenke des Körpers immer schneller und kraftvoller werden. Solange man aber auf große Ausholbewegungen oder das Nutzen großer Distanzen zur Beschleunigung trainiert und trotzdem man auch hier immer schneller werden kann, erreicht man nie das spontan und ansatzlos Mögliche der inneren Körperarbeit. Es bleiben dann immer für ein geübtes Auge sichtbare Bewegungen der Arme und Beine. Techniken müssen spontan und effektiv gegen plötzliche und direkte Angriffe eingesetzt werden können. Wie eindrucksvoll ein Block am Ende der Bewegung auch aussehen mag, wie laut der Anzug letztlich schnalzen mag, holt die Bewegung erst aus oder nimmt sie  insgesamt zu viel Raum und Zeit ein, kommt sie bei einem direkten Angriff zu spät. Die Entwicklung von aussen nach innen fehlt dann. Wird hauptsächlich auf Kraft und Geschwindigkeit trainiert, dann wird ein Kampf zum „Kräftemessen“. Dies passt nicht zum Grundsatz des alten Karate, wo es um Tricks und Prinzipien geht, die auch in unfairen Ausgangslagen anwendbar sein müssen.

 

Warum stehen wir in „Hanmi“ (halber Körper) und ziehen einen Arm zur Hüfte „Hiki Te“?

Hanmi ist ein wichtiges Prinzip, welches alle traditionellen Stände, Haltungen und sogar die Bewegungen des Shorin Ryu Karate durchzieht. Es bedeutet, das wir stets unsere mit den empfindlichsten Vitalpunkten bestückte, senkrechte Mittellinie (Seichusen genannt) des Körpers vor dem direkten gegnerischen Zugang verbergen. Auf dieser Linie befinden sich Augen, Nase, Hals, Herz, Solar Plexus und Genitalbereich. Übersetzt heisst „Hanmi“, dass wir nur mit dem „halben Körper“ zum Gegner zeigen. Der gegnerische Angriff kann diese Linie dann nicht direkt erreichen, sondern müsste seitlich eindringen. In Hanmi stehend, schützt die vordere Schuler automatisch den direkten Zugang zu unserem Kinn und Hals. Diesen automatischen Selbstschutz verliert man in frontalen Haltungen (Oi-Zuki) völlig. Ein frontaler Oberkörper bietet eine große Angriffsfläche und entblöst die zu schützende Mittellinie. Kata trainieren, die Seichusenlinie während des Einsatzes vielfältiger Technikprinzipien entlang des Enbusen (Schrittdiagram der Kata) stets vor direktem Zugriff zu verbergen. Ein frontaler Oberkörper in breitem Stand sorgt für ein Abhandenkommen der Enbusenlinie als einer schmalen Linie. Es entsteht eine breites Enbusen bzw. zwei Aussenlinien. Ein noch weiteres Abdrehen des Oberkörpers wird „Mahanmi“ genannt und findet ebenfalls Einsatz.

Enbusen bedeutet auch: Vitalpunkte abdrehen, hinter der Waffe (oder dem Arm) verbergen (rechts), nicht auf zwei Linien bewegen (links).

Durch das Bewegen in Hanmi und Mahanmi können die Körperseiten Angriffen auf einfache Weise ausweichen, ohne dafür einen Arm zum Blocken verschwenden zu müssen. Die Arme können zum Angriff genutzt werden. Erfolgt jedoch ein Angriff zu unserer Seichusenlinie, dann ist ein Ausweichen schwieriger. Hier kommen die Bewegungsprinzipien und die Katatechniken ins Spiel. Sämtliche Techniken und Zwischenbewegungen können so ausgeführt werden, dass sie zusätzlichen Schutz bieten, egal ob in der Endhaltung oder während der Bewegung. Ob jemand dieses Prinzip verstanden und verinnerlicht hat, sieht man bereits an der Führung von Arm und Ellbogen beim Ausführen einer Kata. Mit dem entsprechendem Verständnis trainiert, bilden die Kata stets selbstschützende Haltungen und Führungen von Armen und Gelenken aus. Zusammen mit dem Prinzip des Hiki Te bringt Hanmi Reichweite und Masse in unsere Technik. Die Kraftübertragung findet über den an der Bewegung beteiligten Rücken statt. Die blockende Hand ist oftmals die vordere Hand. Diese ist dem Gegner und dessen Schwachstellen automatisch nahe und kann fliessend zum Angriff benutzt werden. Mit der weiter zurück liegenden Hand anzugreifen (z.B. Gyaku Zuki) bedeutet mehr Zeit zu benötigen. Die zurückgehende (Hiki Te) Hand findet Einsatz in vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, stellt aber eigentlich keine Art Ausholbewegung für einen Konter Gyaku Zuki dar. Wichtig ist der Einsatz als greifende, kontrollierende oder kurz ziehende Hand. Die Hiki Te Hand wird in der Kata zur Hüfte gezogen oder beginnt von hier aus Techniken auszuführen. In der Selbstverteidigung wollen wir dem Angreifer nicht zeigen, dass wir mit unserer Aktion beginnen. Daher müssen wir quasi wie ein Cowboy direkt aus der Hüfte „feuern“ können. Haben wir eine Waffe wie z.B. die Sai im Gürtel, dann muss eine Hand dort hin greifen um die Waffe ziehen und direkt einsetzen zu können. Die andere Hand wird gleichzeitig zu einer ersten waffenlosen Aktion eingesetzt. So kann das Ziehen der Waffe verborgen werden. Dies ist das Geheimnis dieser Startposition im Karate um das sich mittlerweile viele Mythen ranken. Beim Umgang mit dem Bo ist die Hiki Te Hand der wesentliche Beschleuniger der Bewegung. Dies geschieht mit einer dem Karate gleichen Bewegung. Eine Hand zieht, während die Hand den sich vorwärts bewegenden Drehpunkt bildet und die Richtung des Bo bestimmt.Nicht zuletzt ist diese Bewegung analog derer, ein Schwert aus der Saya (Schwertscheide) zu ziehen. Eine Hand bewegt die Klinge vor, die andere zieht die Saya zurück, damit die Klinge früher frei ist. Es ist eine unglaubliche Leistung der an der Entwicklung des Karate beteiligten Meister gewesen, waffenlos, einfach bewaffnet und mit dem Schwert bewaffnet in ein analoges und höchst effektives Bewegungsmuster zu bringen!

 

In den folgenden Videos zeige ich die Wirkungen des gleichen Prinzips auf Schwert und Bo:

Hiki Te: Durch das vom Karate bekannte Zurückziehen der Hand, wird die Schwertscheide (Saya) zusätzlich zurück gezogen. Somit ist die Klinge noch schneller frei und einsatzbereit.
Hanmi: Die Schwertscheide bewegt sich mit der linken Körperhälfte zurück, was die Klinge schneller einsatzbereit macht. Zeitgleich wird der Körper schmaler (das Herz entfernt sich vom Gegner und ist geschützter – manchmal zählen cm) und ist besser vor Angriffen geschützt. Zudem ist der Körper hinter der eigenen Waffe positioniert (funktioniert bei den Karategrundtechniken genauso, z.B. Shuto Uke, Soto Uke, Uchi Uke, Gedan Barai usw. oder gar Zuki sofern der Oberkörper nicht frontal bleibt). Über den Rücken, die Streckung in Hanmi (Hiki Te trainiert u.a. die Seitenmuskulatur für dieses Prinzip) kommt Kraft in die Bewegung. So kann zusätzliche Reichweite und Masse auch in einen Zuki kommen. Körper hinter die Waffe bringen, d.h. Waffe zwischen mir und dem Gegner (Asato Ankos Satz, „Betrachte Hände und Füße wie Schwerter“, könnte man auch sehr sinnvoll auf dieses Prinzip hin verstehen und nicht darauf, dass man die Hände hart wie Stahl machen sollte.)

 

Beim nun folgenden Bo Video zeige ich zwischendrin kurz, wie es nicht sein soll: Der rechte Arm drückt den Bo vor. Peitschenartige Beschleunigung wird nur aufgebaut, wenn die hintere Hand zieht (Hiki Te), nicht, wenn die vordere Hand drückt. Manche kennen den Satz aus dem Karateunterricht: „Konzentriere dich nicht auf den schlagenden, sondern auf den sich zurück ziehenden Arm“. Direkter Kraft-/ Beschleunigungsaufbau, Schutz und zusätzliche Reichweite werden wiederum über Hanmi/ Rücken/ Streckung aufgebaut.


Das folgende Video des stationär ausgeführten Zuki zeigt einmal die Reichweite ohne Hanmi und dann die Reichweite mit Hanmi. Zeitgleich fällt die Körpermasse in Schlagrichtung und der Körper bewegt sich aus der direkten Angriffslinie. Physikalisch trainiert die Hiki Te Bewegung die entsprechende Rumpfmuskulatur und das Gefühl für den Rückeneinsatz, welcher im vorgehenden Arm mündet. Dies bedeutet, dass die zurückziehende Armbewegung später unnötig wird. Für Anwendung könnte die Hiki Te Hand eine Art Platzhalter für alle möglichen situationsbedingten Aktionen sein und etwas ganz anderes tun.

 

Karatetechniken verbergen den Kreis(bogen) in der Geraden (im Körper), nutzen jedoch dessen Energie.

Geradlinig ausgeführte Techniken, welche den direkten Weg auf das Ziel nehmen, sind schwer zu erkennen. Wenn sich der Körper gleichzeitig geschmeidig dazu bewegen und verschiedene Winkel zum Gegner annehmen kann, lösen diese Bewegungen keine Reaktion bzw. keinen Blockreflex aus und können die Eintrittswinkel variieren. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den Fauststoß, sondern für alle Techniken des Karate. Es gibt Hebel, Griffe, Stösse, Tritte, Rempler, Würfe sowie Techniken gegen all diese Angriffe. Motorische Prinzipien, die in den alten Karate-Kata ebenfalls enthalten sind.

Die Entwicklung effektiver Kampfprinzipien gipfelte für das Karate aus Shuri im grundlegenden Prinzip, einen Kreis durch eine gerade Linie zu erzeugen. Das „Kreis durch eine Gerade-Prinzip“ beschreibt die Analogie zu einem Schwerthieb, bei dem die Hände am Schwertgriff auf einer geraden Linie vor und runter bewegt werden, die Schwertspitze jedoch die maximale Energie auf einer Kreisbahn aufnimmt. So ergänzen sich die kürzeste Verbindung (die gerade Linie) mit maximaler Energieerzeugung (Kreisbahn). Selbiges Prinzip findet auch im Yamanni-Ryu Kobudo Anwendung, egal ob mit Bo oder Sai.

Ein Kreis durch eine Gerade

Geradlinige Techniken nehmen die kürzeste Bahn zum Ziel. Die Kunst dahinter ist es, im Körper genügend Energie zu erzeugen und die Schwerkraft so gezielt einzusetzen, dass diese Techniken ausserordentlich effektiv sind, trotz der kurzen Wege. Dies führt bis hin zu sogenannten One-Inch-Techniken, die in den Körper eindringen, obwohl Hand oder Faust bereits am gegnerischen Körper anliegen und kaum Weg zur Beschleunigung bleibt. Hier besteht also eine Distanz von Null beim Start der Technik, dennoch soll Schlagwirkung erzeugt werden. Bekannt sind Videos, wo solche Techniken zum Körper ausgeführt werden, sie lassen sich jedoch auch sehr effektiv aus der Nulldistanz zum Kopf (der Schaltzentrale) einsetzen.

Die Idee der Geraden steht im Gegensatz zu Kampfstilen, die kreisförmige Bahnen der Extremitäten durch kreisförmige Bewegungen des Körperkerns oder näher am Körper gelegene Gelenke (wie die Ellbogen) erzeugen (einen Kreis durch einen Kreis machen). Modernere Varianten des Karate benutzen bis auf den geraden Fauststoß oftmals das Kreis durch Kreis Prinzip. Dadurch wird viel rotiert und viel Wert auf Körperrotation insgesamt gelegt. Dies führt zu einer Veränderung vieler Techniken und der Körpermotorik insgesamt.

 

Ausholbewegungen sind für den Einstieg, später gibt es keine unnötigen Bewegungen mehr.

Da auf einen Angriff schnell und direkt reagiert werden muß, sind keine äusseren Ausholbewegungen in der fortgeschrittenen Ausführungsart von Abwehrtechniken enthalten. Ein direkter Angriff kann nicht erfolgreich mit einer Technik unschädlich gemacht werden, der eine Ausholbewegung voraus geht. Das Ausholen bewegt unsinniger Weise unsere Arme oft zunächst in die entgegengesetzte Richtung. Warum trainiert man sich im Karate dann Ausholbewegungen an? Für Anfänger ist es leichter, die Bewegungen weitläufig auzuführen und das Öffnen und Schliessen des Körpers durch weite Ausholbewegungen zu trainieren. Mit fortschrittlicher werdenden Fähigkeiten, sollten diese Extrabewegungen immer kleiner werden, bis sie schließlich nahezu gänzlich wegfallen. Dann wird die für die Techniken notwendige Dynamik innerhalb des Körpers erzeugt und die Muskel-/ Gelenkarbeit ist optimal ausgebildet. Durch das Training wird eine innere Dynamik des Muskeleinsatzes entwickelt, welche die Blocktechniken trotz kurzer Wege sehr hart und überraschend unangenehm für den Gegner werden läßt und Angriffscharakter in sich trägt. Generell gilt für die Techniken, dass in die Luft geschlagen keine größere Kraft am eigenen Körper spürbar sein sollte. Diese Kraft wäre gegen den eigenen Körper gerichtet, sonst würde man sie nicht spüren können. Die Kraft, die man an sich spürt, wird beim Kontakt dann nicht an den Gegner übertragen. Es wird also jede statische Anspannung zum Ende der eigenen Technik hin vermieden. Die Technik soll möglichst ungebremst im Ziel landen und auch im Ziel nicht bewusst gebremst werden. Damit ergibt sich eine sehr durchdringende Wirkung der Techniken. Die Ellbogen sollten sich auch bei einer Ausholbewegung niemals entgegen der für die Technik benötigten Richtung bewegen. Dies spart Zeit und stabilisiert unsere Körperdynamik. Wir sind nicht so leicht manipulierbar, wenn wir unsere Gelenke unter Kontrolle und stabil haben. Dies ist der erste Schritt, weg von ausschweifenden Ausholbewegungen. Ausholbewegungen des einen Armes stellen oftmals eine eigenständige Technik dar, während der vermeintlich blockende Arm in Wirklichkeit eine abschließende Technik darstellt. Es geht nicht darum, die Ausholbewegungen immer schneller ausführen zu können, sondern sie immer kleiner werden zu lassen. Sie dienen dem Anfänger zur Krafterzeugung. Der Fortgeschrittene erzeugt kraftvolle Techniken ohne Ausholbewegung oder nutzt sie klein ausgeführt als Platzhalter für eine Vielzahl von situationsbedingten Anwendungen. Einen pauschalen 1-2 Rhythmus für Ausholen und eigentliche Technik, egal wie schnell man wird, sollte man sich nicht antrainieren. Aus 1-2 soll 1 werden.

 

Kata lehren, wie wir unsere Hauptvitalpunkte im Vorgehen schützen und Techniken im Gehen ausführen.

Viele achten nicht auf den Schutz ihrer Vitalpunkte in der Bewegung. Die Bewegung sollte diesen Schutz jedoch hergeben. Die eigentliche Technik ist nicht die fertige Endhaltung oder die fertige Stellung, sondern passiert auf dem Weg dorthin. Genauso muss einkalkuliert werden, das der Gegner nicht abwartet mit seiner Gegentechnik, sondern in unseren Angriff reinschlägt. Die Technik muss so geführt werden, dass dem anderen keine Chance zur Aktion, nichtmal zu einer Reaktion oder einem Reflex bleibt. Die ausgeklügelte Bewegungsmotorik der alten Kunst verbirgt die Technik in der Bewegung des gesamten Körpers und bringt die Energie aller Gelenke und der großen Rückenmuskeln ein (siehe Gamaku). Dadurch können weite Bewegungen der äusseren Extremitäten wegfallen. Man wird auf diese Weise auch mit kleinen oder kurzen Techniken sehr effektiv. Dies ist Teil des Prinzips der verborgenden Waffen, welches Kakushi Buki genannt wird. Auch im Kobudo hält und führt man die Waffen so, dass sie entweder verborgen sind oder in Länge und Beschaffenheit nicht eingeschätzt werden können. Was für das Kobudo gilt, gilt auch für das Karate. Beim Karate bilden Arme und Beine die Hauptwaffen. Die Technik beginnt also früh und nicht erst am Ende der Bewegung. Schutz der Vitalpunkte muss in der Bewegung gewahrt bleiben, der Oberkörper sollte niemals frontal zum Gegner zeigen.

Die wichtige Frage ist stets: Wie bewege ich mich von A (Ausgangspunkt) nach B (fertiger Stand) und was passiert dazwischen. B ergibt sich ohne Partner traineirt dadurch, dass ich die Technik bis zum Schluss führen muss und es zwischendurch nicht zu einem Kontakt kommen kann. Am realen Gegner würde der Kontakt jedoch bereits vor erreichen von B stattfinden. B ist damit in gewisser Weise im Moment des Erreichens bereits wieder wertlos, da die Entscheidung schon vorher stattgefunden hat. Viele Stile beginnen z.B. den Fauststoß erst am Ende des Vorwärtsschrittes und rasten die Technik unter starker Anspannung vieler Muskeln ein. Dies ist jedoch realistisch betrachtet ein unpassender Moment, denn der Kontakt hat bereits stattgefunden und man muss sich fließend weiter bewegen können. Sicherlich spielen Stabilitäts- und Kraftgedanken eine Rolle. Schritt vor, stabilisieren und Fauststoß. Diese Methode ist vor allem leichter zu lernen. Stabilität und Balance üben wir schließlich, seitdem wir geboren wurden. Schritt und Stoß werden dann immer schneller mit fortschreitender Übung. Aber…

 

Das Problem des Rhythmus.

Es bleibt dadurch immer ein Rhythmus von Schritt, dann Fauststoß (1-2). Das „Einrasten“ in die Endhaltung kann noch so kraftvoll aussehen, wenn man sich nicht auf effektive Art und Weise dort hin bewegte und den Treffer auf dem Weg in diese Haltung bereits gesetzt hat, dann hat der Gegner zu viel Zeit zu reagieren. Zudem trägt man die eigene bewegte Körpermasse nicht mehr in der Technik, da man ihre Energie beim Aufsetzen des Fußes und beim Stabilisieren stoppen muss. Die Technik muß daher möglichst in der Körperbewegung verborgen begonnen und ausgeführt werden.
Vorteile: Die alte Methode führt die Technik in der Bewegung aus und nicht erst zum Ende des Schrittes (der in der Länge völlig variabel ist). So sorgt sie dafür, dass sich Arm- und Körpergeschwindigkeit addieren. Außerdem ist während der Bewegung die gesamte Masse in Bewegung und damit zusätzlich hinter der Technik. Aus Beschleunigung und Masse ergibt sich die Energie. Der Fokus auf die Endhaltungen und ihrer Betonung durch starkes Einrasten (Anspannung) kam einerseits durch die Einführung und Bewertung der Katavorführung auf Turnieren zustande. Andererseits jedoch vermutlich schon früher, als Funakoshi Gichin Bildserien von Kata mit den einzelnen Haltungen an die Karateka in Tokio verteilte. Anhand der Bildserien konnte man die Kataabläufe üben. Das haben später in ähnlicher Art viele Buchautoren übernommen.

 

Von Anfang bis zum Ende der Kata dreht sich alles um den imaginären Gegner.

Linke Wendung verliert den Gegner, rechts behält den Gegner und die Enbusenlinie der Kata.

In der Kata dürfen wir den Gegner nicht verlieren. Klingt zwar trivial, wird in der Realität jedoch oft nicht umgesetzt. Die Angreifer sind während des Laufens einer Kata lediglich imaginär anwesend. Dennoch darf man den gedachten Gegner nicht vergessen, man darf ihn in der Kata nicht „verlieren“. Richtungsänderungen oder Wendungen müssen dem Angriff entsprechen. Moderne Kata wenden oftmals in einer veränderten Art und Weise, so daß die Technik am Richtung Körpermitte oder zum Kopf angreifenden, imaginären Gegner vorbeiläuft. Die Technik wird dann dort hin platziert, wo kein gegnerischer Angriff landet. Eine 2. Enbusenlinie entsteht, welche nicht dem Gedanken der Bedeutung des imaginären Gegners entspricht. Dies kann vermieden werden, wenn beide Beine sich die Bewegungsarbeit für die neue Ausrichtung teilen. Gleichzeitig halbiert sich der zu gehende Weg, den bei der modernen Methode ein Bein gehen müsste. Während der gesamten Kata mit all ihren winkligen Blickwendungen sollte der Kiefer stets leicht eingezogen sein und der Kopf nicht in Schräglage geraten. Ein Fehler, den man häufig sieht. Würde man am abstehenden Kinn getroffen, dann wird das Gehirn und die Wirbelsäule viel stärkeren negativen Effekten ausgeliefert. Kata trainieren mehr Selbstschutz als als nur durch Gliedmaßen zu erreichen wäre. Das Gefühl, als würde man mit dem Kinn und nicht mit den Augen gucken, sollte sich einstellen. Rechts im Bild werden die Vorteile der alten Methode des Beachtens der Enbusen Linie der Kata gezeigt. Die eigene Technik verfehlt den Gegner nicht, da man den gegnerischen Angriff nicht verliert. Zudem teilen sich beide Beine nahezu gleichzeitig eingesetzt den Weg, den sonst ein Bein gehen müsste und damit mehr Zeit bräuchte. Links entsteht eine versetzte Enbusen Linie, der Gegner wird verfehlt und ein Bein geht den ganzen Weg der Wendung.

 

Bedeutung der Unbalance – Den Schwerpunkt nie direkt unter den Körper stoppen lassen. Wir benutzen dynamische Stände und ansatzlose Bewegungen. Kata lehren Schwerpunktarbeit insbesondere durch ihre Richtungswechsel. Folgten wir dem Gedanken der Stabilität, wäre Statik die Folge.

Zum Thema Stabilität der Stände höre ich immer wieder, dass ein breiterer Zenkutsu Dachi mehr Nutzen hätte und vor allem stabiler wäre, als eine schmale Version dieses Standes. Dies konnte mir noch nie praktisch bewiesen werden. Die Instabilität eines Standes ist am größten, wenn der Druck im 90 Grad Winkel zu der Linie kommt, welche die beiden Füße verbindet.

Schmaler Stand nicht automatisch unstabiler. Auf den Winkel der Druckrichtung kommt es an.

Der Mythos über die Bedeutung von Stabiliät sorgte dafür, dass dynamische Stände zu statischen Ständen wurden und die Kontrolle der Balance als wichtiger eingestuft wurde, als die Kontrolle über die Unbalance zu bekommen und diese zu nutzen. Daher ist ein sehr schmaler Zenkutsu Dachi ebenfalls absolut stabil in die Richtung, in die kurzzeitig Stabilität benötigt wird: nach vorne. Schaut man sich die (roten) 90 Grad Linien der Abbildung an, wird deutlich, dass ein breiter Zenkutsu bereits früher einem unstabilen Winkel angegriffen werden kann, als der schmale Zenkutsu. Bei Letzterem muss der Druck direkt von der Seite erzeugt werden, um seine Unstabilität voll zu treffen, was schwierig ist, wenn man voreinander steht. Der breite Zenkutsu Dachi führte zu einem weiteren Problem, nämlich der Missachtung des Hanmi-Prinzips und damit des Schutzes der eigenen Vitalpunkte. Bewegungsschule – Problem der Statik. Kampfkunst nach dem Shorin Ryu bedeutet, die Unbalance beherrschen und einsetzen zu lernen. Dadurch hat man eine immer wirkende Kraft auf der eigenen Seite: Die Schwerkraft und das resultierende eigene Gewicht. Eine echte Konfrontation ist genauso unberechenbar und unbalanciert und man hat dann stets alle Möglichkeiten offen und ist nicht statisch festgelegt. Den Schwerpunkt legt man idealer Weise vor dem Angriff zwischen sich und den Gegner und nicht unterhalb des eigenen Körpers. Für seitlich ausweichende Bewegungen wird die Balance in den entsprechenden Richtungen gebrochen und der Körper bewegt sich ansatzlos dort hin. Ansonsten müsste man die Masseträgheit ständig überwinden und hat nicht den automatischen Gegendruck in Richtung des Druckes, welchen der Gegner ausübt. Hat man keinen natürlichen Gegendruck aufgebaut, müsste man zur Stabilisierung wieder in statisch verwurzelte Stände übergehen, welche nicht der flexibel beweglichen Ausrichtung der Shorin Linie entsprechen.

Dynamische Stände. Das Beherrschen sogenannter, dynamischer Stände ist von größter Bedeutung, um die Bewegungen ansatzlos starten zu können. Dies steht im Gegensatz zu statischen Ständen, bei denen der Schwerpunkt ausbalanciert unter die Körpermitte fällt. Dies entspricht zwar unserer Natur, stets im Gleichgewicht zu sein, zwingt uns jedoch dazu aktiv die Masseträgheit zu überwinden. Im Shorin-Ryu wollen wir unseren Körper ansatzlos und ohne Kraftaufwand von der Stelle bewegen können. Ein stabiler Stand wäre dafür hinderlich, denn es liegt in der Natur tiefer Stände, uns auf der Stelle zu verwurzeln. Die dann notwendige Überwindung der Masseträgheit geschieht dann oft, indem „in den Boden getreten“ wird, einem Aktion/ Reaktions Prinzip folgend. Das Voranbewegen des Körpers basiert  dann auf einem sprintähnlichen Abstossen des Fusses vom Boden. Ein derartiges Abstossen ist sichtbar, muß die Masseträgheit des Körpers überwinden, braucht entsprechend immer Zeit und Energie. All dieses gibt dem Gegner Informationen und Gelegenheit, sich auf den startenden Angriff vorzubereiten. Die eigenen Bewegungen sollten jedoch keine Abwehr- oder Konterreflexe des Gegners auslösen. Unscheinbar ausgeführtes Hineinfallen als Bewegungsstart ist dagegen nicht oder nur schwer wahrnehmbar. Der sichtbare Ruck beim Überwinden der eigenen Masseträgheit entfällt völlig. Durch viel Training und Talent ließe sich auch dieser Ruck der Trägheitsüberwindung minimieren, er wird jedoch stets für denjenigen sichtbar bleiben, der ein geschultes Auge hat. Warum also ein Reaktionsprinzip benutzen, welches zusätzlichen Muskelaufwand benötigt, wenn man sich der Natur, in diesem Falle der Schwerkraft bedienen kann. So arbeitet man mit der Natur anstatt sich gegen sie zu bemühen.

Die Natur nutzen. Okinawanisches Karate ist damit keine Sammlung einzelner Techniken, sondern eine umfassende Bewegungsschule. Aus jeder vom Körper erlernten Bewegung kann – je nach Situation – eine andere Anwendung entstehen. Wesentliches Ziel des Karatetrainings ist es, eine innere Körperdynamik zu entwickeln, welche jederzeit zu effizienten Handlungen befähigt. Dafür ist die spielerische Beherrschung des eigenen Körpergewichts in Hinsicht auf das Ungleichgewicht notwendig. Schon im Kindesalter lernen wir unseren Körper immer in der Balance (im Gleichgewicht) zu halten. Um uns ansatzlos Bewegen zu können und die Masse des Körpers hinter die eigenen Techniken zu bringen, müssen wir dieses Gefühl bedarfsweise aufzugeben lernen. Die Masse bzw. der Schwerpunkt muss je nach Anwendung verlagert werden und sollte nie direkt unter dem Körper sein. Dies gilt für Schlagtechniken genauso wie für Hebel, Stösse und Würfe.

„Rakuro no ki“ – Der fallende Tropfen. Es ist nicht leicht, den Schwerpunkt über eine ganze Kata hinweg immer in die richtigen Richtungen zu verlagern und ihn nahezu nie unter den Körper wandern zu lassen. Der Schwerpunkt muß jedoch immer dort sein, wo er uns als nächstes nützt. Fällt er unter dem Körper, dann sieht das geübte Auge in jeder neuen Bewegung den Ansatz und wir verbrauchen mehr Energie als nötig. Der Moment von der Ruhe in die Bewegung wird sichtbar, der Gegner kann reagieren. Bildliches Gleichnis ist der am Blatt hängende Tropfen. Er löst sich plötzlich ohne Vorzeichen oder Energieaufwand vom Blatt.  Die Schwerkraft dient als natürlich vorhandene Energiequelle. Es ist kein zurätzlicher Energieaufwand nötig, um die Fallbewegung zu starten, da er lediglich dem Zug der Schwerkraft nachgibt. Die alte Art der Bewegung soll so aussehen, als würde sich der Tropfen plötzlich und ohne jede weitere Bewegung von Blatt oder Ast lösen – einfach fallen und dann aktiv Beschleunigen. Blatt oder Ast müssen nicht erst ausholen, also Energie aufbauen, um den Tropfen weg zu stoßen. Verlasse ich mich auf das Aktion-Reaktion-Prinzip, trete ich also in den Boden, um mich vor zu katapultieren, dann wende ich unnötige Energie auf. Es ist, als würde der Ast kurz ausholen, um den Tropfen fallen zu lassen. Die Energieerzeugung ist sichtbar und der Start der Bewegung wird kurz verzögert. Dies entspricht nicht der ausgeklügelten Strategie des ansatzlosen Startens.

 

Der Neko Ashi Dachi – ein zu Unrecht vernachlässigter Stand

Stände der Unbalance. Der leider oftzmals vernachlässigte Neko-Ashi-Dachi (Katzenfuss-Stand) oder auch der Kage-Ashi-Dachi (seitlicher Übersetzschritt) sind Beispiele, wenn es um die subtile Nutzung der Schwerkraft durch Verlagerung des eigenen Schwerpunktes geht. Der Kage-Ashi-Dachi ist prinzipiell nichts anderes, als ein Neko-Ashi-Dachi jedoch um 90 Grad versetzt zur Seite ausgeführt.

Kokutsu Dachi vs. Neko Ashi Dachi. In den Kata des modernen Karate wurde der Neko-Ashi-Dachi durch den Kokutsu-Dachi ersetzt, was einer Ausserkraftsetzung des dynamischen Prinzips der Schwerkraftnutzung gleich kommt. Kann der Schwerpunkt im Neko-Ashi Dachi direkt nach vorne verlagert werden, ist er im Kokutsu Dachi unweigerlich nach hinten verlagert. Daher ist sogar noch einmal zusätzliche Energie, Zeit und “Telegrafie” notwendig, um vom rückwärtig gelagerten Kokutsu Dachi den Gegenangriff zu führen und die eigene Masse damit wieder nach vorne zu verlagern. Im okinawischen Karate kam der Kokustu-Dachi daher nahezu nirgendwo vor. Der Neko-Ashi-Dachi kann in der Anwendung zum Blockieren oder Werfen des Gegners benutzt werden (z.B. Ende der Kata Pinan Sandan) oder dessen Kniegelenke angreifen. Er eignet sich insbesondere gegen einen Gegner, der plötzlich sehr dicht hinter uns steht. Man kann dessen Bein mit dem eigenen Bein sperren und sich mit dem eigenen Körper auf dessen Bein setzen. Eine sehr unangenehme und kaum mehr bekannte Anwendung für den Neko Ashi Dachi.

 

Die 45 Grad Faust

Ganz am Ende der Technik, beispielsweise des Fauststoßes, viel Kraft einzusetzen, widerspricht der Logik des praktischen Einsatzes. Man trifft den Gegner nicht am Ende des Ausführungsweges der Technik, sondern bei ca 80% des Weges der Armstreckung. Trifft nun die Faust, ist sie noch nicht voll eingedreht und gibt den ersten Schlagimpuls in den Körper. Die Faust gräbt sich ein und dann kann mit der weiteren Drehung und dem vorschieben der Knöchel in die Entspannungsphase des gegnerischen Körpers noch tiefer geschlagen werden. Das sind unangehmsten Schläge, die sich anfühlene, als wären selbst zur Bauchregion die Muskeln dann nutzlos. Es ergibt sich bereits dann ein durchdringendes Gefühl, wenn der Schlag recht entspannt ausgeführt wird. Analog zum Schlag mit dem Bo im Yamanni Ryu wäre der voll gesteckte Fauststoß vergleichbar mit dem fortgeschrittenen Vorstoßen des Bo, bei dem die Spitze am Ende eintaucht.

 

Kata gehen vor, nicht zurück. Warum? Blocktechniken sind eigentlich Angriffe! Der Gegner muss die Initiative zur Fortführung seines Angriffs vsofort verlieren.

Katatechniken werden plötzlich viel plausibler, wenn man keinen ersten Block und keinen Block-Konter Rhythmus im Karate annimmt. Die Besonderheit des alten Karate ist, dass die Abwehrtechniken bereits den Gegner angreifen, den eigenen Körper schützen und eigene Folgeangriffe direkt einleiten. In eine körperliche Auseinandersetzung geraten, kann man nicht die Oberhand erreichen, wenn man defensiv blockt. Die ursprünglich aggressive Eigenschaft darf den Blocktechniken nicht verloren gehen. Karatetechnik und Ausrichtung wurden in der moderne teilweise stark defensiviert. Somit unterscheiden sich in Haltung und Ausführung alte im Vergleich zu den moderneren Versionen.

Block und Angriff sind eins

Nachdem die Amerikaner den Krieg gewonnen hatten, wurden aggressive Kampfkünste in Japan verboten. Vielleicht konnten die Japaner für das Karate nur durch eine Verlagerung des Technikwesens auf defensive und friedfertige Eigenschaften die Erlaubnis zur Wiederaufnahme des Trainings um 1950 erreichen. Aus den Techniken wurden reine Blocktechniken, oftmals mit einem Rückwärtsschritt kombiniert. Dies widerspricht der ursprünglichen Ausrichtung der Kampfkunst, dem Angreifer mit der ersten eigenen Aktion die Angriffsinitiative abzunehmen. Mit einem reinen Block ist dies nicht sicher zu bewerkstelligen. Block und Gegenangriff zu trennen, ist im Anfänger- oder Kindertraining sicherlich berechtigt, widerspricht in Hinsicht auf die reale Konfrontation jedoch gleich mehreren Grundsätzen der alten Idee und spiegelt sich selbst in den modernen Kataversionen nicht wieder. In den alten wie auch in den modernen Kata geht man blockend vor. Warum? Weil es keine Blocktechniken sind auch wenn sie so aussehen. Kleinere Veränderungen an diesen Techniken während der Veröffentlichung des Karate führten dazu, dass sie so nicht mehr offensiv zu gebrauchen waren.

In den Kata folgt dementsprechend auf eine „Blocktechnik“ idR. kein Gyaku-Zuki (Fauststoß) als Konter, weil die „Blocktechnik“ ursprünglich keine Technik des reinen Blockens war. Erkennt man die Konzepte der Kata, wird deutlich, dass diese mit der ersten Aktion bereits verhindern wollen, dass der Gegner seinen Angriff fortsetzen kann. Führt man das Block 1/ Konter 2 Prinzip und den Rückwärtsgang bis in die fortgeschrittenen Stufen in die Grundschule (Kihon) ein, dann trainiert man dem entgegen, was die Kata zeigen. Man sollte sich nicht auf ein in zwei Zeiten geschehendes Block/ Konter Prinzip verlassen. Dem alten Karate und den Kata ist ein derartiger Rhythmus fern. Auf „2“ kann nämlich auch der Gegner mit der nächsten Technik kontern, wir würden in eine patt Situation geraten. Er wird kaum seinen Angriff grundlos unterbrechen um auf den Konter zu warten. Gehen der Verteidiger nun beim Blocken auch noch rückwärts und der Angreifer vorwärts, so gerät der Verteidiger doppelt ins Hintertreffen. Den Angriff vorwärts fort zu führen ist einfacher, als blockend UND rückwärts gehend aufholen zu wollen. Es gilt, dem Angreifer die Initiative (jap. Sen) sofort abzunehmen und die Auseinandersetzung schnell zu beenden, wenn sie sich schon nicht im Vorfelde vermeiden ließ. Im modernen Karate werden bestimmte Techniken als reine Abwehr trainiert, um danach erst den Konter zu setzen. Eine solche Art des Trainings geht u.a. auf Vereinfachungen und  Entschärfungen des Karates zurück, die breits zu Zeiten der Einführung des Karate an ersten okinawanischen Schulen um 1900 begannen. Beim Verteidigen des eigenen Lebens will man keinen Schlagabtausch, oder Block/ Konterversuch. Man will den Gegner in einer Aktion, in einer Zeit durchqueren. Kata mit diesem Verständnis ist dem freien Kumite sehr ähnlich, man kann auch dort nicht davon ausgehen, dass der andere, vom harten Block beeindruckt, seinen Angriff freiwillig stoppt oder ein Zeitfenster für das Kontern lässt. Was heute also oftmals als defensiv und womöglich im Rückwärtsgang geführte Blockbewegung gedeutet wird, war ursprünglich bereits der Angriff. Auf entsprechende Weise ausgeführt, können Uchi-Uke, Soto-Uke, Age-Uke und alle anderen Technik einen Angriff in sich tragen.

 

Wie kam der Block/ Konter Gedanke ins Karate? „Karate ni sente nashi“

In der Vergangenheit kam es zu neuen Interpretationen der Grundidee des Karate, welche sich auf die gesamte Trainingsphilosophie und -gestaltung auswirkten. Hierfür sorgte z.B. ein  Grundsatz Funakoshi Gichins, dem zufolge es im Karate keinen ersten Angriff gibt – „Karate ni sente nashi“. Weitergehend hat man gefolgert, dass zunächst ein defensiver Block erfolgen müsse und das schließlich auch die Kata immer mit einem Block beginnen würden. Dies klingt nach einer moralisch und philosophisch einwandfreien Idee der ehrenhaften, vor allem aber selbstgefährdenden Art der Selbstverteidigung. Diese überaus friedfertige Interpretation entspricht nicht dem, was Funakoshi meinte. Der Hintergrund des Satzes kann aus Funakoshis Büchern entnommen werden, er bezieht sich darauf, bis zuletzt friedfertig zu bleiben. Wenn man Funakoshis Aussagen zu einer bedrohlichen Konfrontation liest, wird jedoch klar, dass er nicht vom Verteidiger erwartet, sich durch den Versuch eines Blocks in eine gefährliche Situation zu begeben. Die Verneinung eines ersten Blocks mag auf den ersten Blick aggressiv erscheinen, jedoch hat der Angreifer in diesem Moment ja bereits die Initiative agressiv vor zu gehen übernommen und damit greifen wir nun nicht mehr als erstes an. Nach dem „Sen sen no sen“ Prinzip entsteht der erste Angriff mit dem im Kopf stattfindenden geistigen Ruck zur körperlichen Attacke. Damit hat der Gegner den Vorteil der ersten Aktion und des Vorwärtsdrangs. Dies stellt eine äusserst gefährliche Situation für den Verteidiger dar, welcher sich nun möglichst keinen Fehler erlauben darf. Zitat von Gichin Funakoshi (Karate-Do Nyumon): Zu Beginn sollte man Abwehr und Gegenangriff als zwei getrennte Techniken ausführen. Damit wird gewährleistet, dass die Abwehrtechnik nicht vernachlässigt und der Gegenangriff stark und genau ausgeführt wird. Später müssen Abwehr und Gegenangriff eins werden.“
Die Idee besteht also nicht darin, dass man sich zuerst zurückweichend in die Defensive begeben soll um danach zu versuchen selbst anzugreifen. Denn dies würde dem uns in seinen Fähigkeiten unbekannten Angreifer zu viele Vorteile verschaffen. Ziel der Karatetechniken ist es, den eigenen Angriff bereits mit dem sogenannten „ersten Block“ zu beginnen oder den Gegner direkt anzugreifen, indem man seinen Angriff umgehend den eigenen Angriff in ihn hineinträgt. Letzteres Prinzip kann auf den Weg in den Gegner hinein, ableitende Bewegungen benutzen, die den Gegner kaum spüren lassen, dass seine Angriffe umgeleitet werden. Entsprechend ist die Struktur der Karatetechniken und seiner Kata aufgebaut. Die Kata gehen entsprechend vorwärts oder in bestimmte Winkel, aber nicht rückwärts. Missverständnisse mit derartiger Wirkung liegen in der starken Verwässerung der Grundprinzipien des alten Karate begründet, die eintrat als das Karate zu einem Massenprodukt wurde.
Man arbeitet sich mit seinem Körper entlang einer Linie, welche auch heute noch als „Enbusen“ bekannt ist. Die Techniken und die Prinzipien sind so ausgerichtet, dass man die eigenen Schwachstellen oder die zu schützenden Körperregionen bestmöglich während der Bewegung abschirmt. Der alte Sinn des Umgangs mit der Linie ist jedoch im modernen Katatraining so nicht mehr zu finden. Es lohnt sich, den gängigen Zitaten und Interpretationen auf den Grund zu gehen und die Bücher der Zitierten zu studieren. An viele Informationen kommen wir heute recht einfach heran. Die Kata lassen sich dann bereits klarer lesen und wirken inspirierender als eine reine Abfolge von Techniken es bewerkstelligen könnte. Funakoshi schrieb: „Das Alte zu studieren, heisst das Neue zu verstehen. Alt oder Neu, es ist nur eine Frage der Zeit.“ Motobu Chokiwurde um 1920 von vielen Meistern seiner Zeit als geschicktester Kämpfer bezeichnet, fristete dennoch die Publikmachung des Karate betreffend, eher ein Schattendasein. Er bekräftigte dass die Methode, mit einer Hand zu blocken und mit der anderen zu kontern keine Technik der Kampfkunst ist.

 

Erlange sofort die Initiative, wende das Blatt

Auch weitere bekannte okinawanische Meister wie Choki Motobu, Nagamine Shoshin, Mabuni Kenei und Funakoshi Gichin bekräftigen die Notwendigkeit der direkten Verbindung von Abwehr und Angriff im Karate. Im Karate soll eine Abwehr bereits einen Angriff in sich tragen. In diesem Zusammenhang sind die bekannten Begriffe “Go no Sen”, “Sen no Sen” und Sen Sen no Sen” zu sehen. Es geht hierbei immer um den Zeitpunkt, in dem man die Initiative ergreift, um den Kampf zu beenden.
Sen Sen no Sen. Die eigene Initiative den Kampf durch Einsatz körperlicher Gewalt wird hier in dem Moment übernommen, wo sich der potentielle Angreifer gerade den geistigen Impuls zum Angriff gibt (strafrechtlich u.U. bedenklich), sein Angriff also unmitelbar bevorsteht und nicht mehr abwendbar scheint. Diese Situation lässt sich als eine Art präventiver Erstschlag bezeichnen, denn niemand muss sich unverschuldet einer Situation ausliefern, die die eigene körperliche Unversehrtheit gefährdet.
Sen no Sen. Sobald der Agressor seinen Angriff körperlich startet beendet man den Kampf indem man in dessen Angriff mit einer entsprechenden Technik hinein geht. Man bringt die eigene Technik ins Ziel in den gestarteten gegnerischen Angriff. Die Kunst dabei ist, selbst kein Ziel zu bieten und schneller als der Angreifer zu sein. Für weite Ausweichbewegungen ist hier kein Platz.
Go no Sen. Dieses Prinzip beschreibt den spätesten eigenen Ansatz der Initative. Er erfolgt in dem Moment, wo der Agressor seinen Angriff ausführt und sich zwangsweise eine “Lücke” in seinem Angriff eröffnet. Der gegnerische Angriff wird dabei evtl. blockend umgangen um die eigene Technik darauf direkt ins Ziel zu bringen. Es geht hier nicht darum, den vorwärts drängenden Angriff zurückweichend defensiv zu blocken und dann erst die Angriffinitiative starten zu wollen (dies müßte man dann vielleicht “Go Go no Sen” nennen). Ein solches Prinzip gibt es nicht, da man sich in eine nachteilige Situation in mehrfacher Hinsicht begeben würde. Man würde sich einen Schritt hinter die Aktionen des Angreifers begeben um dann zu versuchen, ihn wieder einzuholen. Dieses selbstgefährdende Prinzip wird manchmal irrtümlicher Weise als Go no Sen verstanden und trainiert. Konsequenter Weise müsste man es als eine Art „Go Go no Sen“ bezeichnen.

 

Ein pauschales Anspannen aller Muskeln am Ende der Technik ist nicht der effektivste Ansatz um Schlagkraft auf alle Distanzen zum Ziel entwickeln zu können

Anspannung führt dazu, dass wir uns nicht mehr bewegen können. Zum Thema passt das bekannte Zitat „Benutze Hände und Füße wie Schwerter“ des Meisters Itosu Anko (1832-1916). Um den Arm wie ein Schwert einsetzen zu können, muß jegliche unnötige Muskelspannung ausgeschaltet werden. Werden die Muskeln am Ende der Technik angespannt, um ein »Gefühl von Kraft« zu spüren, dann schieben sie sich im entscheidenden Moment wie ein Dämpfer vor die Knochen des Unterarms. Auch im angespannten Zustand sind Muskeln immer weicher als Knochen. Dies hat zur Folge, dass ein Unterarmblock weich wird und den aggressiven Gegner kaum beeindruckt. Will man den Unterarm wie ein Schwert benutzen, muß man lernen, mit den eigenen Knochen zu schlagen und die Muskulatur zu kontrollieren. Ein weiterer Nachteil angespannter Muskulatur: Würde unser Körper am Ende einer Technik angespannt werden, dann könnte eine ableitende Bewegung des Gegners an unserem Handgelenk durch das kurzzeitig starre Körperkonstrukt, unseren gesamten Körper manipulieren. Beherrscht man dagegen Spannung und Entspannung zeitgleich, dann würde lediglich der Unterarm abgeleitet werden. Der Ellbogen könnte beispielsweise fließend weiter in Richtung Ziel geschickt werden. Es sollen äusserst schmerzhafte Techniken auch auf kurzen Wegen erreicht werden können. Für den Fauststoß würde ein Anspannen am Ende der Technik bedeuten, dass man die zuvor aufgebaute Bewegungsenergie selbst bremst, anstatt sie an den Gegner abzugeben. Spürbare eigene Muskelspannung am Ende der Technik fühlt sich vielleicht stark an, ist jedoch „gegen“ den eigenen Körper gerichtet (denn man fühlt sie ja selbst) und würde somit nicht an den Gegner abgegeben werden. Die Technik soll möglichst ungebremst im Ziel landen und auch im Ziel nicht bewusst gebremst werden. Damit ergibt sich eine sehr durchdringende Wirkung der Techniken. Das Anspannen erzeugt ähnlich wie beim Block zwar ein »Gefühl von Kraft«, da man dieses Gefühl jedoch an sich selber spürt, gibt man diesen Kraftanteil nicht an den Gegner ab. In die Luft geschlagene Techniken sollten sich daher eher leicht anfühlen.

Weich geht es auch. Man sollte auch derart weich und den Angriff ableitend „blocken“ können, das man die Abwehrbewegung quasi während des Führens des eigenen Konters ins Ziel versteckt. Für diesen Zweck verbergen sich in den Kata viele Zwischenbewegungen.

 

Gamaku – den Körper tragen, zusammenziehen und ausdehen. Der Körper bewegt die Arme, denn er hat Masse und Muskelkraft – den Körper teilen

Um die alte Kampfkunst zu verstehen, muss man sich von bestimmten Vorstellungen von Krafteinsatz und sogar dem Prinzip des normalen „Gehens“ oder des sportlichen „Sprintens“ entfernen. Ausgangspunkt der Bewegungen ist der (Ober-)Körper selbst. Es ist zunächst ungewohnt und kaum schriftlich erklärbar, den Oberkörper in mehrere Komponenten aufzuteilen und diese für Technik und Bewegung einzusetzen. Da die Beine am Körper hängen, geraten sie in der Bewegung automatisch mit. Somit wird der angegriffene Oberkörper beweglicher und schneller, denn er muss nicht mehr auf das Setzen der Füße warten. Hat man einmal diese grundlegende Idee erfasst, bekommt die Motorik der Kata eine bis dahin ungeahnte Ebene. Beachtet man die Grundlagen der Haltung und Bewegung, dann schützt man die eigenen ansonsten direkt zugänglichen Schwachstellen (Seichusen), während man sich sich z.B. entlang der Kata (Enbusen) bewegt. Zudem beugt das ausgeklügelte Führen der Arme einem Gegriffen- oder Geworfenwerden automatisch vor. Gamaku kennzeichnet den Museleinsatz des Bereichs der Taille. Während oftmals nur Hüfteinsatz und deren Rotation eingesetzt wird, ist dieser sich etwas höher befindliche Bereich der eigentlich zu entwickelnde. Die Hiki-Te Hand wird hier hin geführt und nicht an die Hüfte. Der Ellbogen fühlt sich schwer an und der Unterarm ist nahezu parallel zum Boden. Auch beim sogenannten Stapeln der Fäuste, welches in der Anwendung einem Arm- oder Kopfhebel entspricht, wird die Technik durch Gamakueinsatz verstärkt. Beachtet man den Grundsatz des Zusammen- und Auseinanderziehens des Körpers, dann führt der Einsatz des Gamakubereichs weg vom Gehen, hin zum ansatzlosen und schwer erkennbaren Hineintragen des Körpers in den Angriff oder Herausziehen des Körpers um einem Angriff zu entgehen. Das Prinzip setzt die verschiedenen großen Muskelgruppen des Oberkörpers ein. Dazu ist das Training des Teilens der einzelnen Körperregionen notwendig. Können die Körperteile separiert voneinander bewegt werden, dann kann die hintere Körperseite beispieslweise an der vorderen Körperseite vorbei getragen werden. Dies erfordert ein Ein- und Ausklappen des Oberkörpers mitsamt des Gamakueinsatzes. Somit wird die Bewegung für den Gegner schwer zu erkennen. Ausserdem wird die Bewegung stabilisert und es können Techniken in der Bewegung ausgeführt werden. Viele Stile machen erst den Schritt und dann die Technik. Der Gegner wartet jedoch nicht so lange. Selbst wenn man immer schneller wird, ist der Gegner weg, wenn die Technik nach einem 1-2 Prinzip bei ihm ankommt, denn er trainiert sich ja eventuell auch. Gamaku trägt gleichsam die Masse in der Bewegung für die Techniken. Bildnis ist ein Wurm, welcher sein Hinterteil heranzieht, ohne sein Vorderteil zu verändern.

Kata trainieren das Gespür dafür, wohin der Schwerpunkt als nächstes subtil verlagert werden muss.

Links: Motobu Choki mit Technik aus der Naifanchi Kata

So wird anstatt eine kurze Anspannung zu halten, die nächste Bewegung bereits dann vorbereitet, wenn die voran gehende Bewegung gerade beendet ist. Die Kata der Tekki/ Naifanchi Reihe trainieren das Prinzip der Unbalance und enthalten sämtliche Grundtechniken und vielfältige Anwendungen des Karate. Sie gelten daher als Basiskata des Karate. Funakoshi schreibt von einem 3 jährigen Training nur dieser Kata, welches er absolvieren musste. Der für seine kämpferischen Fähigkeiten bekannte Choki Motubo schreibt, es reiche, die Naifanchi Kata zu verstehen, um effektiv kämpfen zu können. Die Naifanchi Kata zeigt uns weiterhin das Prinzip, nie in der Balance zu stehen, sondern die Balance bereits im Stand gebrochen zu haben. Denn um aus der Balance in Bewegung zu kommen, muss diese Balance erst aufgehoben werden. Dies kostet Zeit und Energie und ist sichtbar. In der Naifanchi Kata kommen zwar Stände wie Neko-Ashi-, Shiko- (Kiba-) oder Zenkutsu Dachi nicht vor, sie lehrt dennoch die Grundlagen dafür, wie diese Stände ausgeführt werden können. Ganz bewußt wird das Ungleichgewicht unter anderem mit einer „Nami-Gaeshi“ genannten Fußtechnik entwickelt.

Dabei wird die Trennung von Ober- und Unterkörper ausgebildet. Es ist das Vermögen, mit den Beinen zuarbeiten, ohne das sich die auf die Haltung des Oberkörpers und der Arme auswirkt. Anders herum, soll sich die Arbeit des Oberkörpers und der Arme nicht auf die Beine auswirken, beispielsweise durch ein Verdrehen der Knie. Nicht umsonst zählte die Naifanchi um 1900 noch zu den wesentlichsten Kata des Karate. Vermutlich aufgrund mangelnder Showqualitäten und mangelnder Kenntniss ihrer Bedeutung, haben diese Kata später an Bedeutung verloren.

In Unbalance bleiben

Abgesehen von der Naifanchi Serie zeichnen sich die Kata durch Neuausrichtungen des Körpers um 45, 90, 180 und auch 360 Grad aus. Unserer Auslegung nach, lehrt dieses Prinzip, wie man den eigenen Körper entlang des Enbusen ausrichtet und dabei anstatt (wie oft zu sehen) nicht um die Hochachse rotiert, sondern den Körper verschmälert (also schützend zusammen zieht) und in neuer Ausrichtungslinie (neuem Gegner oder Anwendung) wieder ausdehnt (streckt). Also kein Rotieren der Schultern um die Wirbelsäule als Hochachse sondern anhand der sich ändernden Linie des Enbusen den Körper neu ausrichten. Die Technik wird dadurch schneller und direkter. Eine Rotation erzeugt immer ungewünschte Kraftvektoren in Rotationsrichtung. Drückt Partner im richtigen Moment in die richtige Richtung wird man aus der Bahn geworfen. Ebenfalls nachteilig ist das zwangsläufige Entblößen von körpereigenen Schwachstellen.

Diese Prinzipien und mehr lehren die Kata und darauf aufbauende Gymnastik sowie das entsprechende Kihon und Kumite, wenn sie mit dem entsprechendem Verständnis unterrichtet und trainiert werden. Sie sind dann alles andere als Sport oder gymnastische bzw. athletische Übungen. Sie verändern die Körpermotorik im Inneren und das wird am Äußeren Erscheinungsbild des Ausführenden mit der Zeit sichtbar. Mehr zum Hintergrund der Kata ist hierversteckt. Da Körpereinsatz jedoch nur bedingt ohne ein tatsächliches Gegenüber trainiert werden kann, gibt es auch Partnerübungen zum Erlernen des Einsatzes der eigenen Körpermasse.

 

Beispiele zum Einsatz der Techniken.

Die blockende Hand ist oftmals die vordere Hand. Diese ist dem Gegner idR. am nähesten und muss fliessend zum Angriff benutzt werden können. Mit der weiter zurück liegenden Hand anzugreifen (z.B. Gyaku Zuki) bedeutet mehr Zeit zu benötigen und einen 1-2/ Block-Konter Rhythmus einzufügen.

Die zurückgehende (Hiki-Te) Hand trainiert vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Oftmals in der Kata eine Art neutrale Hand, die sich je nach den Erfordernissen der sich ergebenden Situation in der Anwednung flexibel einsetzen lässt.

Den Block/ die Ableitbewegung nicht am gegnerischen Handgelenk ansetzen, ansonsten kann er den Angriff mit dem Ellbogen weiter führen. Ziel ist es, die Ellbogen zu kontrollieren. IdR. wird gleichzeitig der Ellbogen manipuliert (Hebel, Schlag, Körperstoß), wenn am Handgelenk gegriffen wird.

Blockt der Gegner unseren Angriff in der Nähe unseres Handgelenks, dann können wir den Angriff direkt mit dem Ellbogen fortsetzen. Deshalb nicht am Ende des Fauststoßes einrasten oder die Muskeln anspannen. Dies unterbricht den Fluss und verbindet Arm und Körper, so daß der Gegner gleichzeitig unseren Arm und unseren gesamten Körper wegschiebt.

Die eigenen Ellbogen nahe am Körper halten und nicht ausschweifend bewegen. Wer die Ellbogen des anderen kontrolliert, ist im Vorteil.

Stellungen können eingesetzt werden, um den Angreifer zu immobilisieren, zu blockieren oder zu werfen. Der Shiko Dachi kann für vielfältige Würfe eigesetzt werden, der Neko Ashi Dachi grift mit dem eigen Knie die gegnerische Stellung an bzw. kann ihn durch Kniehebel zu Boden bringen. Je mehr Kontaktpunkte am Gegner sich aus Bein- und Armtechniken gleichzeitig ergeben, umso effektiver kann der Gegner manipuliert, blockiert oder angegriffen werden. Die Natur des Wettkampfkampfkarates ist eine gänzlich andere, sie besteht aus zwar schnell aufeinanderfolgenden jedoch getrennten Einsatz der Stöße und Tritte.

Die Fussbewegungen werden so ausgeführt, dass man mit dem eigenen Fuss auf dem Fuss des Gegners landet und nicht mit ihm zusammen stossen würde. Das heißt, die Zehen werden angezogen beim Vorwärtsgehen. Dadurch bleibt man auch auf unebenem Boden oder mit Gummisohle auf Asphalt nicht mit der Fußspitze hängen.Tiefe Tritte und Angriffe in die Stellung des Gegners haben hohen Tritten gegenüber viele Vorteile, sind jedoch nicht mehr sehr verbreitet, da sie im wettkampfgeprägten Karate durch Regeln verboten sind. Oberschenkel, Knie und Genitalbereich sind wichtige Angriffsziele der Kampfkunst, die auch aus der Nahdistanz angegriffen werden können, ohne das der Tritt vom Gegenüber visuell wahrgenommen wird.Auch das Absetzen des Fußes nach dem Tritt stellt im alten Karate eine Angriffstechnik dar. Möglich sind verschiedene Techniken, vom Stampftritt auf Fuß oder Knie bis zum Angriff der gegnerischen Stellung bzw. Wurf. Aus diesem Grunde halten wir das Knie in den Kata kurz oben nach einem Tritt und setzen das Beim nicht automatisch ab. Dies schult das Gefühl für dem Einsatz des absetzenden Beines/ Fußes für weitere Angriffe.Es ist wichtig, nicht nur die Schlagtechniken der Kata zu kennen, sondern auch die Hebel-, Antihebel-, Wurf-, Greif- und Zwischentechniken. Dies erweitert das Trainingsrepertoire der Kata erheblich.